Zusammenfassung Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle Weisheit in der Erkenntnistheorie spielt. Zu Beginn skizziere ich kurz den allgemeinen Rahmen der Untersuchung. Damit verbunden ist ein konkreter Vorschlag zur begrifflichen Bestimmung epistemischer Weisheit. Dieser Vorschlag wird im Hinblick auf drei unterschiedliche Aspekte der Zuschreibung epistemischer Weisheit (ontologisch, epistemisch, axiologisch) näher erläutert. Im Anschluss daran wird die zentrale These genauer diskutiert, die hinter der vorgeschlagenen Begriffsbestimmung steht. Demnach ist epistemische Weisheit eine testimoniale Aktivität, die eine interpersonale Struktur aufweist. Gemäß dieser Sichtweise sind weise (kognitive) Ratgeber als testimoniale Autoritäten zu betrachten, deren kognitive Überlegenheit im Rahmen eines "Autoritäten-Ressourcen-Modells" der Erklärung personaler Weisheit zu analysieren ist. Ausgehend von diesem Modell lässt sich abschließend zeigen, dass Weisheit in Verbindung mit kognitiven Ratschlägen einen unverwechselbaren epistemischen Wert besitzt. Schlüsselwörter: kognitive Ratschlag, epistemische Autorität, epistemische Werte, epistemische Weisheit, Meta-Erkenntnistheorie, personale Weisheit, Wert der Weisheit Es gibt ein anhaltendes Interesse in der Erkenntnistheorie, genauer zu untersuchen, welche kognitiven Zustände oder Aktivitäten einen epistemischen Wert besitzen. Neben den vielerorts bekannten Kandidaten wird manchmal auch Weisheit ins Auge gefasst. 1 Dieser Vorschlag ist jedoch mit einer besonderen 1 (A) Weisheit als umfangreiches theoretisches Wissen Eine Person S ist weise, gdw. S umfangreiches faktisches Wissen / Prinzipien-Wissen im Hinblick auf einen bestimmten Bereich hat (Wissenschaft, Politik, Literatur usw.).
(B) Weisheit als (erfolgreiches) Wissen-wie man gut lebtEine Person S ist weise, gdw. S weiß wie man gut oder glücklich lebt und erfolgreich danach handelt.