Interkulturelle Kompetenz mit Jugendlichen entwickeln

Abstract

Sozial Extra 11|12 '07 Interkulturelle Kompetenz mit Jugendlichen entwickeln Zwei Trainingsbausteine Ein offener, dynamischer und interaktionaler Kultur-und Identitätsbegriff ist die Voraussetzung für das Trainingskonzept "Interkulturelle Kompetenz", das wir im Rahmen des Bundesprogramms XENOS 1 in den Jahren 2002/03 für Jugendliche in berufsbildenden Maßnahmen beim bfz (Berufl iche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft) entwickelt haben. Die Jugendlichen sollen sich ihrer eigenen veränderbaren kulturellen Identität bewusst werden, indem sie lernen, ihr eigenes Verhalten mit dem Verhalten der anderen in Beziehung zu setzen. Die Bausteine, die wir hier vorstellen, wurden aus der Unterrichtspraxis entwickelt und berücksichtigen die spezifi schen Voraussetzungen der Zielgruppe.Zahlreiche Konzepte und theoretische Modelle Interkultureller Kompetenz wurden in den letzten Jahren diskutiert. Bei der Entwicklung der folgenden Trainingsbausteine greifen wir ganz bewusst auf ein empirisch fundiertes Konzept Interkultureller Kompetenz als kreativen und bewussten Prozess der Identitätsbildung zurück. Die Basis dafür legten bereits in den 80er Jahren die Forschungen der Soziologen Hettlage-Varjas und Hettlage, 2 die zahlreiche Interviews mit italienischen Migranten in der Schweiz durchführten. Auf dieser Grundlage entwickelten sie ihre Theorie der "Kulturellen Zwischenwelten". Sie vertreten die Auffassung, […] dass die Migranten unter dem Zwang der Verhältnisse und unter der Notwendigkeit trotz aller Spannung eine relative Identität aufbauen zu müssen, ein eigenständiges Wirklichkeitskonstrukt erstellen, das es ihnen erlaubt, die verschiedenen "Welten" zu einem Integrat zusammenzufügen. 3 In die-ser fortwährenden Identifi kationsarbeit besteht in erster Linie die Integrationsleistung. Wichtige Voraussetzungen für diese Wirklichkeitskonstrukte sind die "push-und pull-Effekte" des Heimatlandes und des Gastlandes. "Zwischenwelt" defi nieren Hettlage-Varjas und Hettlage weiter als:[…] jenen psychischen, sozialen und kulturellen Standort, den ein Mensch bezieht, wenn er unter dem Anspruch eines einheitlichen Lebensentwurfs versucht, gegensätzliche Lebenswelten, von denen er abhängig ist, zusammenzufügen. Unter dem Druck, seine Identität fi nden zu müssen, und sie sozial zur Geltung bringen zu müssen, verbindet er Bestandteile dieser verschiedenen Welten so, wie er sie erfahren hat und ständig neu erfährt, zu einem eigenständigen Integrat und Bezugspunkt. Da der Mensch sein Verhältnis zu den erfahrenen Lebensformen laufend ändert, ist das Konzept der Zwischenwelt weniger eine einmalige Zustandsbeschreibung als ein Denkund Handlungsprozess. 4 Das Autorenpaar stellt allerdings in ihren zahlreichen Untersuchungen fest, dass eine solche spielerische Zwischenexistenz in der ersten Generation der Migration sehr selten erreicht werden kann, wohl aber von Jugendlichen der zweiten und dritten Generation.Interkulturelle Kompetenz verstehen wir auf der Grundlage eines solchen dynamischen, offenen und interaktionalen Kulturund Identit...