ZusammenfassungIn diesem Beitrag fragen wir, welche Bedeutung Selbstsorge für Mütter in kollektiven Diskursen über gute Mutterschaft hat und welche Formen der Selbstsorge in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Infolge neoliberaler Tendenzen wird eine strukturelle Sorglosigkeit deutlich, und es kommt zu Krisen in Arbeits- und Sorgearrangements. Gleichzeitig wird Selbstsorge als Aufgabe etabliert, ohne einen adäquaten Rahmen dafür zu schaffen. Diese Aufgabe betrifft auch Mütter, die jedoch ebenso als hauptverantwortlich für Fürsorge betrachtet und mit Anforderungen der Erwerbssphäre konfrontiert werden. In diesem Spannungsfeld wird Selbstsorge für Mütter komplex und potenziell prekär. Dennoch gibt es bislang wenig empirische Forschungsarbeiten zur Bedeutung und zu den Formen mütterlicher Selbstsorge. Wir adressieren diese Forschungslücke auf Basis von 24 geschlechtshomogenen und -heterogenen Gruppendiskussionen mit insgesamt 173 Teilnehmenden, die in verschiedenen Regionen in Österreich durchgeführt und mit rekonstruktiven Methoden analysiert wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Selbstsorge für Mütter als Zugeständnis konstruiert wurde und zwei Formen mütterlicher Selbstsorge im Fokus der Diskussionen standen: Erstens die Selbstsorge in Form von Zeit zur Reproduktion des fürsorglichen Selbst; zweitens die Selbstsorge in Form von Erwerbsarbeit zur materiellen Existenzsicherung. Beide Formen der Selbstsorge sind prekär, da sie eine Verpflichtung zur Selbstsorge seitens der Mütter beinhalten mit dem Ziel der Aufrechterhaltung optimaler Fürsorge und der Gemeinschaft nicht zu Last zu fallen. Selbstsorge dient als Stütze traditioneller familialer und gesellschaftlicher Arbeits- und Sorgearrangements, sie stabilisiert so die bestehende strukturelle Sorglosigkeit.