ZusammenfassungDas Internet hat die Möglichkeiten zur Konfliktaustragung radikal verändert. Insbesondere soziale Medien eröffnen agonistische Arenen, in denen konträre Positionen aufeinanderprallen. Obgleich die theoretische Konzeption des Internets als agonistische Sphäre nicht neu ist, liegen bisher kaum inhaltsanalytische Instrumente vor, die eine ganzheitliche Betrachtung agonistischer Diskursstrukturen ermöglichen. Der Beitrag will diese Lücke schließen, indem er einen Vorschlag zur Operationalisierung von Agonismus unterbreitet. Er wirbt damit gleichsam für einen Perspektivenwechsel bei der Analyse politischer Online-Kommunikation vor dem Hintergrund aktueller Debatten zu digitalen Öffentlichkeiten. Während deliberative Theorien von einem verständigungsorientierten Kommunikationsmodus ausgehen, an dessen Ende prinzipiell eine Form von Konsens möglich ist, stehen im Agonismus Konflikt, Gegnerschaft, Hegemonie, kollektive Identitäten und Leidenschaften im Vordergrund. Vor dem Hintergrund der Arbeiten von Chantal Mouffe arbeitet der Beitrag diese theoretischen Dimensionen heraus. Mit Blick auf bisherige Online-Kommunikationsforschung wird argumentiert, dass das Internet vielerorts agonistische Kommunikationsräume eröffnet, die es weiter zu analysieren gilt. Daran anschließend wird eine inhaltsanalytische Operationalisierung vorgeschlagen und im Rahmen einer Fallstudie illustriert. Die Ergebnisse einer Inhaltanalyse von 945 Nutzerkommentaren auf den Facebook-Seiten der im Bundestag vertretenen Parteien zeigen, dass das vorgeschlagene Instrument geeignet ist, um agonistische Diskursstrukturen zu identifizieren und zu analysieren. Der Beitrag diskutiert abschließend das vorgestellte Instrument und skizziert eine agonistische Forschungsagenda, wobei die Deliberationsforschung als Inspiration genutzt wird.