Zusammenfassung
Hintergrund In Pflegeheimen nimmt der Anteil der Bewohner*innen
zu, die eine Patientenverfügung verfasst haben. Es gibt keine
Untersuchungen, inwieweit diese Patientenverfügungen im Rahmen des
ärztlichen Bereitschaftsdienstes oder des Notarztdienstes
Berücksichtigung finden. Auch fehlen Aussagen zu Unterschieden
hinsichtlich der Einstellungen der Dienstärzt*innen
verschiedener Fachrichtungen zu therapeutischen Optionen in palliativen
Situationen.
Methoden Im Rahmen von Untersuchungen der ärztlichen Versorgung
von Pflegeheimpatient*innen außerhalb regulärer
Praxiszeiten wurde das Vorhandensein von Patientenverfügungen und deren
Berücksichtigung durch die Dienstärzt*innen (DÄ)
oder Notärzt*innen (NÄ) erfragt (n=101).
Zusätzlich wurden Einstellungen und Meinungen der DÄ
(n=60) und einer Kontrollgruppe von Palliativärzt*innen
(PÄ) (n=19) hinsichtlich palliativmedizinischer Erfahrung, der
Erfragung von Vorausverfügungen und der Vorgehensweise bei einem
fiktiven palliativen Fall erfasst.
Ergebnisse Von 82 Bewohner*innen hatten 71% eine
schriftliche Vorausverfügung. Bei 101 Arztkontakten im Pflegeheim wurde
in 54% der Fälle von DÄ oder NÄ nach
Vorausverfügungen gefragt. In 92% wurde die erfragte
Verfügung befolgt. Signifikante Unterschiede zwischen DÄ und
NÄ ergaben sich nicht. Bei einem fiktiven palliativen Fall
würden 92% der DÄ und 95% der PÄ nach
einer Vorausverfügung fragen. Allgemeinärzt*innen,
Internist*innen und PÄ setzen häufiger schnellwirkende
Opioide und Anxiolytika in palliativen Fällen ein, rufen seltener den NA
und weisen seltener stationär ein. Damit unterscheiden sie sich von
anderen Fachrichtungen.
Schlussfolgerungen DÄ oder NÄ erfragen
Vorausverfügungen in den Pflegeheimen nur in 54% aller
Arzt-Patienten-Kontakte. Zum einen erscheint eine weitere Sensibilisierung der
Ärzteschaft bezüglich der Nachfrage nach
Patientenverfügungen bei unbekannten Patient*innen sinnvoll. Zum
anderen sollte der Patientenwille in Kurzform als Aktenvermerk in der
Pflegedokumentation schnell ersichtlich sein. Vorausschauende
Therapieabsprachen, das frühzeitige Hinzuziehen palliativ erfahrener
Ärzt*innen (AAPV, SAPV), aber auch eine verstärkte
palliativmedizinische Fortbildung aller Ärzt*innen
könnten die Betreuung der Pflegeheimbewohner*innen
verbessern.