Die weltweite Finanzkrise verändert nach übereinstimmenden, wenn auch im Einzelnen differierenden, Vermutungen die Staatstätigkeit im 21. Jahrhundert erheblich. dms hat sich wiederholt damit beschäftigt, insbesondere in Heft 2/2010 mit dem Schwerpunkt: Der Staat in der Krise. Nach über 30 Jahren zunächst erfolgversprechendem Wirtschaftsoder Neoliberalismus werden die langfristigen Folgen dieses politischen Paradigmas für die liberal-kapitalistische Gesellschaftsformation immer deutlicher. Schlicht auch deswegen, weil die schleichende und mit dem Ausbruch der Krise rasant ansteigende öffentliche Verschuldung ihre verschleiernde Funktion nicht mehr erfüllen kann. Vielerorts in Wirtschaft und Gesellschaft konnten über Jahrzehnte ein "angemessenes" Lebensniveau und die Versorgung mit privaten und öffentlichen Gütern mehr oder weniger "auf Pump" bereitgestellt werden. Besonders gravierend ist, dass realwirtschaftlicher Strukturwandel, regionale und internationale Gewichtsverschiebungen sowie entstandene Ungleichheiten in der Verteilung von Einkommen teilweise kompensatorisch mit dem Fiskalschleier verdeckt wurden. "Griechenland" ist fast schon ein Markenzeichen für diese Entwicklung. In den letzten fünf Jahren traten diese "Brüche" jedoch in der Breite immer deutlicher hervor.Zum einen in der ideologischen oder auch politisch-theoretischen Diskussion: Frank Nullmeier beschäftigt sich in seinem Beitrag exemplarisch mit einer Strömung des Liberalismus, die aus der Krise nichts lernen will, sondern den stattgefundenen Werteverfall sowohl der "Freiheit" als der "sozialen Gerechtigkeit" als zutiefst begründet und modern betrachtet. In Deutschland ist es Peter Sloterdijk, der zum Propagandisten eines nietzscheanischen Elitismus aufgestiegen ist, der -auch nachträglich -all denen eine besondere Würde zuschreiben möchte, die sich im (unfairen) Wettbewerb als Erfolgsmenschen erwiesen haben. Diesem Kult fallen konzeptionell Steuer-und Sozialstaat zum Opfer. Nullmeier seziert diese Argumentation kunstvoll und weist ihre konsequent demokratieferne Tendenz nach, die nichts mehr mit dem klassischen Liberalismus gemein hat.Zum anderen in der ökonomischen und politischen Realität: auch in Deutschland ist es die Schuldenkrise, die erhebliche Verwerfungen in der "Architektur" des Staates sowohl aufzeigt als auch verschärft, insbesondere im Verhältnis der staatlichen Ebenen zueinander. Dietrich Fürst nimmt die aktuelle Lage zum Anlass einer grundsätzlichen Reflexion über dieses Verhältnis. Er weist darauf hin, dass die als Herausforderungen von Gesellschaften wahrgenommenen Entwicklungen vor allem die Städte treffen. Diese ha-