Ermüdungssichere Bemessung vorgespannter Ringflanschstöße unter Berücksichtigung von Flanschimperfektionen

Abstract

FachthemenDie Ermüdungslebensdauer der Schrauben in vorgespannten Ringflanschverbindungen kann drastisch abfallen, wenn die Kontaktflächen der Flansche vor dem Vorspannen der Schrauben nicht einwandfrei aneinander liegen, sondern teilweise klaffen ("Flanschimperfektionen"). Vorgespannte Ringflanschverbindungen werden häufig als Baustellenstöße in turmartigen Stahlbauten eingesetzt, z. B. in Rohrtürmen von Windenergieanlagen (WEA). Der ermüdungsschädliche Einfluß der Flanschimperfektionen wurde an der Universität Essen experimentell und numerisch eingehend untersucht. Die daraus zu ziehenden baupraktischen Schlußfolgerungen für eine ermüdungssichere Bemessung werden im Aufsatz anhand der entsprechenden Regelungen in der neuen DIBt-Richtlinie für WEA dargestellt und erläutert. Zwei Berechnungsmodelle zur näherungsweisen Erfassung der Flanschimperfektionen bei der Ermüdungsbemessung werden vorgestellt. Die Methode, Baustellenstöße, die sich bei der Montage als zu imperfekt herausstellen, durch Ausfuttern der Klaffungshohlräume zu sanieren, wird diskutiert.

Numerische Modellierung des Kraft‐Verformungsverhaltens vorgespannter Schrauben in L‐Flanschverbindungen

“…So konnte die Schraubenbeanspruchung infolge Normalkraft F b sowohl mithilfe der mit den DMS 2 und 3 ermittelten Dehnungen ε Zug und ε Druck als auch mithilfe der mit dem DMS 1 ermittelten Dehnungen ε Achse vergleichend bestimmt werden. Diese Vorgehensweise hat sich bereits im Rahmen früherer Arbeiten zur versuchstechnischen Ermittlung der Schraubenbeanspruchung bewährt. Es konnte am Beispiel der Serie EV‐M20‐schwarz an M20‐HV‐Schraubengarnituren gezeigt werden, dass der ermittelte Wert der Schraubennormalkraft F b aus DMS 2 und DMS 3 mit DMS 1 identisch ist.…”

“…Es ist davon auszugehen, dass die Vorspannkraftverluste primär aus der plastischen Verformung des freien belasteten Gewindes und der Gewindepaarung zwischen Bolzen und Mutter resultiert. Versuchsergebnisse aus Stufenversuchen an vorgespannten L‐Flansch‐Segmenten von Petersen und Jakubowski bestätigen diese Annahme. Der Verlauf der Schraubenkraft F b,mean der untersuchten HV‐Schraubengarnituren M20 (ZV‐M20‐tZn) ist jeweils als arithmetischer Mittelwert in Bild auf Grundlage des DMS‐Signals vereinfacht linear dargestellt.…”

“…Die Ergebnisse zeigen sowohl für die vergütungsschwarzen als auch für die feuerverzinkten HV‐Schraubengarnituren M20 bis zu einer statischen Last Z = 80 kN nach Entlastung der L‐Flanschverbindung, dass die Vorspannkraftverluste Δ F p,C,pl < 5 % liegen. Bei der Auswertung der Normalspannungen infolge der Schraubennormalkraft F b und des Schraubenbiegemoments M b können die in bekannten Zusammenhänge in der Hinsicht bestätigt werden, dass der Anteil der Biegespannung anfänglich sehr gering ist. Bei einer Belastung der L‐Flanschverbindung mit einer Last Z = 100 kN und der anschließenden Entlastung auf Z = 0 kN fallen die jeweiligen Vorspannkräfte um 18 % ab, wobei bei der max.…”

“…In weitergehenden Untersuchungen wurde der Einfluss einer zusätzlichen Torsionsbeanspruchung infolge eines drehmomentgesteuerten Anziehverfahrens diskutiert. Hierfür wurden die von Jakuboswki experimentell bestimmten Torsionsspannungen nach dem Absetzen des Anziehgeräts über eine Verdrehung des Schraubenschafts als zusätzliche initiale Torsionsbeanspruchung implementiert. Es konnte gezeigt werden, dass der Einfluss auf das plastische Verformungsverhalten vernachlässigbar klein ist.…”

“…Das zur Bemessung angesetzte Vorspannkraftniveau muss über die gesamte Lebensdauer der WEA gewährleistet sein. Hierbei müssen u. a.Vorspannkraftverluste infolge von Setzeffekten , der Anziehreihenfolge in Kombination mit Imperfektionen und der Plastifizierung des Verbindungselements oder des Flansches unter maßgebenden Lastfällen mit berücksichtigt werden.…”