“…87 In mein Herz mein Zimmer mein Name heißt es: mein Herz ist aufgeregt, es geht um das Leben, es geht um das Schreiben als Leben, es geht um die Schreibexistenz, ich zittere in meiner Haut, ich bebe in meinem Kopf, ich bin ungehalten über die geringste Störung der Strömung, fassungslos wirbelt es mich herum, es ist eine Entscheidung über Leben und Tod […]. 88 Die »Störung der Strömung« ist Turbulenz im buchstäblichen Sinne -als »ungeordnete Strömung« »(durcheinander)wirbelnd, in wirbelnder Bewegung befindlich« und dadurch »unruhig, ungestüm, verwirrend«, 89 [I]rgendein Störfaktor, sage ich, aus dem Augenwinkel, sage ich, Baumeln von Beinen, was mich bei meiner Lektüre ablenkt, nicht wahr, in meine Lektüre vertieft, sehe ich aus dem Augenwinkel das Baumeln von Beinen, mir gegenüber ein Baumeln von Beinen, baumelnde Kinderbeine vermutlich, versuche ich mir zu erklären, baumelnde Kinderbeine, mir gegenüber, baumelnde Kinderbeine, im Sitzen, im langen langweiligen Sitzen und Warten, versuche ich mir zu erklären, schon bin ich vollkommen abgelenkt, lese über die Zeilen hinweg, vermag mich nicht mehr zu konzentrieren, lese einen Satz fünfmal hintereinander, mein Gegenüber im Sitzen, schaukelt die Beine, ein Kind vermutlich, ich weigere mich, den Blick zu heben, um diesen Störfaktor ins Auge zu fassen, das Baumeln von Beinen, das Schwenken von Unterschenkeln, ich bekomme ein Schwindelgefühl im Sitzen, fühle mich schweißgebadet, mein Zorneskopf füllt sich mit Blut, ich bereite das Scheltwort vor, ich bin ungehalten über die geringste Störung der Strömung, fassungslos wirbelt es mich herum, ich habe das Bedürfnis aufzuspringen und dieses baumelnde Beinpaar abzustellen, wie ein Gerät, einen Musikapparat, einen Wortschwall, aber ich rühre mich nicht von der Stelle, nein, ich halte den Blick gesenkt, ich will nicht wissen, wie dieses Objekt meiner Verstörung aussieht, ich habe Nasenbluten, ich habe ein Taschentuch voll Blut, ich verblute ich blute aus, die Seiten des Buches rot von Blut, gegenüber das Baumeln hat aufgehört, die Beine meines Gegenüber haben plötzlich das Baumeln vergessen, indem sie sich auf mein Bluten womöglich Verbluten ausrichten, mein Gegenüber baumelt nicht mehr mit seinen Beinen, ich nehme es wahr wie eine Erlösung 93 In eine ähnliche Richtung zielend stellt Julia Weber fest, dass gerade mein Herz mein Zimmer mein Name einen »besonders starken rhythmischen Sog« 94 erzeuge. Allein aufgrund der Form des aus einem einzigen Satz bestehenden Prosatexts, der ohne Absätze und Punkte, allein durch Kommata getrennt weiterströme und sich dergestalt über die Leser•innen »ergieß[e]«, entstehe der Eindruck einer »permanenten Atemlosigkeit«.…”