Einleitung Nach dem Kopfschmerz vom Spannungstyp ist die Migräne die zweithäufigste Kopfschmerzerkrankung. Typische Angaben zur Lebenszeitprävalenz liegen zwischen 18 % [1] und bis zu 27,5 % [2]. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität auch nach Einführung moderner Therapeutika und enorme volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsausfälle und gesundheitliche Aufwendungen sind die Folge [3]. Klinisch wird die Migräne charakterisiert durch chronisch-rezidivierende, schwere und häufig halbseitige Kopfschmerzattacken, deren Dauer unbehandelt zwischen 4 und 72 Stunden liegt [4 ± 6]. Die Attacken sind typischerweise mit vegetativen Begleitsymptomen und bei rund einem Drittel der Patienten mit vorangehenden transienten neurologischen Symptomen assoziiert, die sich funktionell-topographisch meist okzipitalen und angrenzenden parietotemporalen Arealen zuordnen lassen. Diese als Aura bekannten Phänomene manifestieren sich meist kontralaZusammenfassung Neuronale Dysfunktionen von Kortex und Hirnstamm spielen für die Pathophysiologie der Migräne eine entscheidende Rolle. Funktionelle bildgebende Verfahren (fMRT), Perfusionsmessungen und elektrophysiologische Untersuchungsverfahren wie EEG und MEG, multimodal evozierte Potenziale, ereigniskorrelierte Potenziale und Reflexuntersuchungen haben bei Migräne-patienten eine Vielzahl von auffälligen und teilweise widersprüchlichen Befunden erbracht. Diese hängen vom Zeitpunkt der Untersuchung innerhalb des Migränezyklus (interiktual, Aura, Kopfschmerzphase) und zum Teil vom Migränetyp (Migräne mit oder ohne Aura) ab. Dysfunktionen von Filter-und Schutzmechanismen, die das ZNS regulär vor einem exzessiven sensorischen Informationsfluss abschirmen, besitzen wahrscheinlich für die Auslösung von Migräneattacken eine groûe Bedeutung. In konkurrierenden Modellvorstellungen werden eine neuronale Hyperexzitabilität im ZNS, aber auch eine kortikale Hypoexzitabilität als Prädispositionsfaktoren für Migräneattacken propagiert.
AbstractNeuronal dysfunctions of the cortex and brainstem play a major role in the pathophysiology of migraine. Functional brain imaging (fMRI), perfusion measurements and electrophysiological investigations such as EEG and MEG, multimodal evoked potentials, event-related potentials and reflex measurements have revealed many abnormal and even contradictory findings. These depend on the investigation time within the migraine cycle (interictual, aura and acute headache) and partly on the migraine subtype (migraine with or without aura). Dysfunctions of filter mechanisms protecting the brain from an overflow of sensory input might play a crucial role in inclucing migraine attacks. Competing pathophysiological models suggest neuronal hyperexcitability within the CNS, but also hypoexcitability of the cerebral cortex as predisposing factors in migraine.