Zwischen 1990 und 2000 wuchs in der Goldchemie das Interesse an aurophilen Wechselwirkungen, nachdem man festgestellt hatte, dass diese eine Vielzahl struktureller und anderer physikalischer Eigenschaften von Gold(I)‐Verbindungen nennenswert beeinflussen. Die Aufmerksamkeit, die man diesem kontraintuitiven inter‐ und intramolekularen Typ von Bindung zwischen Metallzentren mit scheinbar abgeschlossener Elektronenschale entgegenbrachte, hat sich schnell auch auf die Chemie des Silbers ausgeweitet. Hunderte von Untersuchungen widmeten sich seither dem Phänomen der Argentophilie. Dieser Aufsatz gibt einen Überblick über diese Entwicklung mit Hauptaugenmerk auf molekularen Systemen mit zwei oder mehr in engem Kontakt stehenden Silber(I)‐Zentren, was zu spezifischen strukturellen sowie zu einer Vielzahl neuartiger physikalischer Eigenschaften führt. Diese schließen vor allem stark veränderte Ligand→Metall‐Ladungstransferprozesse ein, aber auch eine überdimensionale thermische Kontraktion auf der einen und eine beispiellose negative lineare Kompressibilität von Kristallparametern auf der anderen Seite.