Die ‚versus rapportati‘ in der deutschen Literatur des XVII. und XVIII. Jahrhunderts

Abstract

hat im Jahr 1624 die Gedichte seines Freundes Martin Opitz veröffentlicht. Diese Teutschen Poemata bieten ein Kunterbunt an Gattungen und Tönen. Inmitten heterogener poetischer Ausdrucksformen steht ein mit der Überschrift Epigramma versehener kurioser Zweizeiler 1 : [25.] Epigramma. Die Sonn y der Pfeil, der Wind, verbrent, verwandt, weht bin, Mit Fewer, schärfe, stürm, mein Augen, Hertze, Sinn. Spricht man die beiden Alexandriner mit ihrer eigenartigen worthäufenden Reihung hintereinander, so läßt sich ihr Sinn zunächst bloß erahnen; erschließen wird man ihn erst nach dem Lösen der syntaktisch zusammengehörigen Teile aus der metrischen Bindung: Die Sonn verbrent mit Fewer mein Augen, der Pfeil verwandt mit schärfe mein Hertze, der Wind weht hin mit Sturm mein Sinn. Die Auflösung wirkt umständlich, prosaisch. In der Retrospektive zeigt Opitz' etwas trockenes Sprachspiel einen -freilich geringen -ästhetischen Reiz. Die rhetorische Kumulation und ihre Kongruenz mit der metrischen Struktur erreichen eine gedrängte Fülle der Aussage. Man nennt solche und ähnliche Verschränkungen, die eine rhetorisch-metrische Einheit bilden, v e r -* Die folgende Abhandlung wurde vom Verfasser am 13. April 1972 unter dem gleidien Titel als Habilitations-Probevorlesung an der Universität Wien gehalten. Die Vortragsform ist belassen, die Anmerkungen sind hinzugefügt, nur die Vorgesdiichte und die abendländisdie Tradition der Versfigur sind ausführlicher dargestellt.