Vermutlich ist das die falsche Frage. Denn wenn Mütter ihre Säuglinge töten, geschieht das in der Heimlichkeit des privaten Umfelds, meist allein im Badezimmer. Oft wissen nicht einmal die engsten Familienmitglieder von den Nöten der Frauen, die sich in schrecklichen Taten entladen." (Kaiser 2015a) Der Kindsmord, so heißt es, könne womöglich gar nicht bemerkt werden. Der Kindsmord liege allein in der Hand der Mutter. Der Kindsmord sei Privatsache. Er spiele sich in der Abgeschiedenheit des Badezimmers und "[h]inter der Wand" (Kaiser 2015b) ab, weit weg von der Gesellschaft, außerhalb des Sozialen, kaum von außen zu beeinflussen.Szenenwechsel. Nur wenige Wochen zuvor, im Spätsommer 2015, wurde die Kindsmörderin Sabine H. nach zehnjähriger Haft vorzeitig auf Bewährung entlassen. Sabine H., "deren Taten vor zehn Jahren ganz Deutschland fassungslos machten" (Kaufmann 2015). Welt Online titelte: "‚Todesmutter' aus Brandenburg kommt vorzeitig frei" (Kensche 2015). Der Tagesspiegel Online rekapitulierte für seine Leser_innen die Eckdaten dieses "spektakulären" Kindsmordfalls und erklärte, warum Sabine H. neun ihrer neugeborenen Kinder nach der Geburt getötet hatte: "Aus Angst, [ihr Ehemann] könne sie verlassen und die drei lebenden Kinder mitnehmen -er arbeitete hauptamtlich bei der Stasi […]" (Dassler 2015). Und Bild.de schrieb zur Entlassung der "Todes-Mutter": "Jetzt kommt Sabine H. […] aus Frankfurt/Oder nach BILD-Informationen fünf Jahre vor Ablauf der Strafe aus dem Gefängnis. Jene Frau, die ihre neun Babys nach der Geburt tötete, in Blumenkästen verscharrte und wegen achtfachen Totschlags zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war. Eine der Taten lag so lange zurück, dass sie nach DDR-Recht bereits verjährt war. Sie musste also nur zwei Drittel ihrer Strafe verbüßen." (Lukaschewitsch 2015, Hervorhebung i.O.