Kraniomandibuläre DysfunktionenUm zu verstehen, ob und wann Physiotherapie in der Zahnheilkunde sinnvoll ist, sollte zunächst geklärt werden, was unter kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD) subsummiert wird. De Leeuw [10] betrachtet CMD als einen Sammelbegriff, der eine Reihe klinischer Symptome umfasst, die von den Kaumuskeln, den Kiefergelenken und assoziierten Strukturen ausgehen. Andere Studien sehen Probleme mit der Okklusion, unzureichende (falsche) Vertikaldimensionen, kondylä-re Fehlstellungen, Zwangsbisslage, okklusale Disharmonie und/oder neuromuskuläre Dysbalance als Ursachen von CMDBeschwerden [47,67,82]. Auch Bruxismus [47] und Schnarchen wird teilweise unter CMD eingeordnet. CMD-Beschwerden werden auch als Costen-Syndrom bezeichnet.
Studienbeeinflussende FaktorenWas als CMD diagnostiziert wird, kann somit variieren. Bereits durch die Auswahl der Studienteilnehmer kann der Ausgang einer Studie beeinflusst werden. So werden Patienten mit einer Reizung der bilaminären Zone aufgrund starker muskulärer Verspannungen von einer detonisierenden Physiotherapie langfristig profitieren. Bei dentalen oder dysgnathiebedingten Beschwerden kann Physiotherapie möglicherweise auch zu deren Verbesserung beitragen. Viel wichtiger ist hierbei jedoch die Beseitigung der ursächlichen Problematik. Bei Patienten mit höheren Schmerzangaben werden eher messbare Ergebnisse zu finden sein als bei Patienten, die vielleicht nur eine "stumme CMD" haben. Auch die Auswahl der Therapeuten bietet Potenzial, das Ergebnis einer Studie zu beeinflussen. Erfahrene, spezialisierte Therapeuten werden möglicherweise bessere Ergebnisse erzielen als Therapeuten, die gerade ihre Ausbildung beendet haben.Das Risiko für Fehleranfälligkeit kann z. B. durch eine hohe Anzahl von Studienteilnehmern, mehrere in die Studie eingebundene Therapeuten, verblindet auszufüllende Fragebögen oder durch Messgeräte, die Ergebnisse objektivieren können, vermindert werden.Auch das Alter und Geschlecht der Probanden können Ergebnisse beeinflussen. Zusätzlich sollten mögliche Confounder identifiziert werden. Ein Patient unter Schmerzmitteln wird meist weniger Schmerzen haben. Nicht zuletzt finden sich bei vielen CMD-Patienten chronifizierte Schmerzen, bei denen eine schmerzärztliche und ggf. psychotherapeutische Versorgung notwendig ist. Ein schneller und dauerhafter Erfolg ist bei diesen Patienten nicht zu erwarten, dennoch kann auch hier eine begleitende, detonisierende Physiotherapie sinnvoll sein [49].
Biomechanische bzw. muskuläre FunktionsstörungenBetrachten wir CMD aus Sicht der Anatomie und Biomechanik, beschreiben die Begriffe kraniomandibuläre Dysfunktion, "craniomandibular disorders" [33,34,58] oder "temporomandibular disorders" [57, 60, 76] im eigentlichen Wortsinn eine nicht optimale Funktion der Gelenkpartner Kranium, Os temporale und Mandibula. Ursache hierfür können biomechanische oder muskuläre Funktionsstörun-gen sein, die ihre Auslöser nicht nur im Kausystem haben müssen. Die Therapie biomechanischer oder muskulärer Funktionsstörungen ist das wes...