A n g e wA n d t e g e o g r A p h i e wie kein zweiter Verband der deutschen gesellschaft für geographie nutzt der dVAg Jubiläen immer wieder, um sich auf seine geschichte zu besinnen. das ist auch aktuell aus Anlass seines 60-jährigen Bestehens der Fall. dieses Mal wurde die Arbeitsgruppe "geschichte der geographie" im Leibniz-institut für Länderkunde beauftragt, die geschichte des Verbands in den ersten zwei Jahrzehnten seines Bestehens eingehender zu untersuchen.Sichtet man die bisher vorliegenden Arbeiten zur geschichte des dVAg (gewinnt man schnell den eindruck, dass sich die Verbandsgeschichte in mehrere, deutlich voneinander zu unterscheidende phasen gliedern lässt. Man erkennt zum einen eine Stufe der gründung, des Aufbaus von Verbandsstrukturen und der etablierung des Verbands innerhalb traditionell gegebener Machtstrukturen, zum anderen eine Stufe der Abkopplung von diesen Strukturen, der Schaffung einer sich personell, inhaltlich und institutionell ausdrückenden eigenständig-keit, die sich unter anderem in der entwicklung eines neuen Selbstverständnisses und der sie begleitenden radikalen Abwendung von der diskussion rein berufsständischer Fragen ausdrückt.Ziel des Artikels ist es, einen kleinen einblick in die derzeit laufenden Forschungsarbeiten zu geben und einige Befunde, vor allem in Bezug auf die frühe Verbandsgeschichte, ohne Anspruch auf Vollständigkeit (die Quellenauswertung ist noch in vollem gange) im Vorgriff auf eine umfangreichere Veröffentlichung zu skizzieren.
VorgeschichteSchon seit dem ersten weltkrieg hatten sich geographen verstärkt anwendungsbezogenen themen zugewandt. Vor dem hintergrund einer nach den ersten Siegen rasch entflammten Kriegszieldiskussion waren unter ihrer Führung und maßgeblicher Mitarbeit landeskundliche Kommissionen in den besetzten gebieten ost-und Südosteuropas eingerichtet worden, um mittels einer ressourcenorientierten inventarisierenden Beschreibung von territorien entscheidungshilfen für mögliche gebietsforderungen nach dem erhofften Sieg bereit zu stellen (wardenga 1995). Seit Mitte der 1920er Jahre hatte sich die Landesplanung als ein mög-liches neues Betätigungsfeld für geographen entwickelt, denn die Länder gingen verstärkt dazu über, ihr territorium "zu ordnen", den landeskulturellen Binnenausbau voranzutreiben, durch Verwaltungsreformen die politische Landkarte zu vereinfachen, Städte kommunal mit ihrem Umland zu vereinen und wirtschaftsräumliche einheiten zu schaffen. Bei derartigen planerischen Aktivitäten fühlten sich geographen als kompetente ratgeber. wenngleich nach wie vor am ende eines geographiestudiums in der regel eine Berufstätigkeit als Lehrer an höheren Schulen stand, wandten sich StAndort (2010) 34:74-79