Bistabilität zwischen mikroskopischer und makroskopischer Physik: Kohärenz, Chaos und Dissipation

Abstract

Bistabilitat gehort zu den elementarsten Beispielen nichtlinearer Dynamik. Unter der Einwirkung einer periodischen Kraft entwickelt sich eine Vielfalt interessanter Phanomene, von der Unterdriickung des quantenmechanischen Tunnelns iiber das Zusammenwirken von Tunneln und Chaos bis zur quantenmechanischen Verschmierung seltsamer Attraktoren. Abb. 1. Bistabilitat in der visuellen Wahrnehmung: Die Interpretation einer Grauwertverteilung als dreidimensionale Oberflache springt zwischen zwei Moglichkeiten, von denen je nach Orientierung eine bevorzugt wird. er zur Lekture dieses Artikels eine W L ampe eingeschaltet hat, wird dieses Gefuhl noch in der Fingerspitze haben: ,,klick" -an, ,,klick"aus. Das ist Bistabilitat: Zwei alternative Zustande, jeder fur sich stabil, aber eine auf3ere Kraft vermag Ubergange auszulosen, indem sie einen ,,Knackpunkt", eine Barriere zwischen ihnen, uberwindet. Wir sind mit diesem Phanomen in allen Lebensbereichen so vertraut, daf3 es uns kaum bewuf3t wird. Schalter jeglicher Art sind allgegenwartig in der Technik. Auch in der Sprache gibt es Bistabilitat: In keinem Kulturkreis fehlt die Unterscheidung weiblichmannlich, die auf fast alles Benennbare ubertragen wird. Das wiederum setzt eine Bistabilitat in der Wahrnehmung voraus. Wir kennen das vom ,,Necker-Wiirfel" und ahnlichen optischen Tauschungendie Wahreh-mung schaltet zwischen zwei Alternativen hin und her (Abbildung 1). Im Mikroskopischen steht Bistabilitat fur ein Phanomen, das unserer Intuition weit weniger zuganglich ist: Tunneln. Von Friedrich Hund 1927 postuliert [I], ist der Tunneleffekt inzwischen fest etabliert. Wo in der klassischen Physik Energie aufgewandt werden muf3, um eine Potentialbarriere zu uberwinden, da konnen Teilchen, denen die Quantenmechanik eine Wellenlange von der Grogenordnung der Breite der Barriere zuordnet, rnit wesentlich geringerer Energie von der einen auf die andere Seite wechseln. In den letzten Jahren geriet das Tunneln fur kurze Zeit in den Blickpunkt der Offentlichkeit, als 1986 die Erfindung des Rastertunnelmikroskops durch G. Binnig und H. Rohrer fund die Ent-Physik in unserer Zeit / 28. Jahrg. 1997 / Nu. 6 0 WILEY-VCH Verhg GmbH, 69469 Weinheim, 1997 0031-9252/97/0611-0238$17.~0 t .50/0 wicklung des Elektronenmikroskops durch E. Ruska) mit einem Nobelpreis geehrt wurden [ 2 ] . Dabei hat es sich, von Nichtexperten weitgehend unbeachtet, Iangst einen festen Platz in der Hochtechnologie erobert. Elektronische Bauteile wie Zenerdioden, Josephson-Kontakte und SQUIDS (Semiconductor Quantum Interference Devices) nutzen den Tunneleffekt, urn extrem schnelle und empfindliche Ubergange fur die Informationsverarbeitung nutzbar zu machen. In der Chemie werden hochspezifische Reaktionen eingeleitet, indem man mit Hilfe von Laserimpulsen genau bestimmter Form und Frequenz gezielt ein Tunneln durch diejenige Potentialbarriere auslost, die Ausgangsstoffe und Produkte der erwunschten Reaktion voneinander trennt [3]. Auch diesen Kunstgriff hat die Evolution vorweggenommen. Bei

Laser aus dem Quantenchaos

“…Wir wollen also in einem offenen System den Wellen-Strahlen-Dualismus verstehen. Diese Konstellation findet sich auch in der Quantenmechanik als ein seit ihrer Anfanszeit diskutiertes Problem [18], insbesondere seit in den Siebziger Jahren deutlich wurde, wie schlecht wir auch den rein klassischen Grenzfall der Wellenmechanik verstehen: in den meisten realen Situationen legt die klassische Mechanik chaotisches Verhalten an den Tag, das sich in irregulärer Bewegung und der Unvorhersagbarkeit individueller Bahnen auf langen Zeitspannen äußert. Das Studium des Dualismus zwischen Wellen und Bahnen in Anwesenheit von klassischem Chaos bezeichnet man oft als Quantenchaos [19,20].…”