Bilder von Vorstellungen und Vorstellungen von Bildern

Abstract

Ziel der folgenden Überlegungen ist es, anhand einer Interpretation des § 398 aus Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen eine genauere Vorstellung davon zu bekommen, was Wittgenstein über Vorstellungen und Bilder denkt. Hierzu werde ich zuerst Freges Überlegungen zu Vorstellungen skizzieren, daran anschließend Wittgensteins Kritik an Freges Position darstellen und abschließend auf ein Rätsel im genannten Paragraphen eingehen. Ob meine Lösung des Rätsels dabei überzeugt, sei dem Leser überlassen. Entscheidend ist mir aber, auf einige -nicht ganz offensichtliche -wesentliche Unterschiede in unserer Rede über Gegenstände, Bilder und Vorstellungen hinzuweisen. 1. Vorstellungen können nicht gesehen oder getastet, weder gerochen noch geschmeckt, noch gehört werden (ebd., 40). 2. Vorstellungen werden gehabt. Man hat Empfindungen, Gefühle, Stimmungen, Neigungen, Wünsche. Eine Vorstellung, die jemand hat, gehört zu dem Inhalt seines Bewusstseins (ebd., 41). 3. Vorstellungen bedürfen eines Trägers. Die Dinge der Außenwelt sind im Vergleich dazu selbständig (ebd.). 4. Jede Vorstellung hat nur einen Träger; nicht zwei Menschen haben dieselbe Vorstellung (ebd., 42). Brought to you by | Georgetown University Authenticated Download Date | 5/24/15 7:24 PM 908 Jakob Steinbrenner, Bilder von Vorstellungen und Vorstellungen von Bildern II. Wittgensteins Kritik an Frege Meiner Auffassung nach kann nun der § 398 der Philosophischen Untersuchungen zumindest implizit als Kritik an Freges Vorstellungsbegriff gelesen werden. 2 Betrachten wir hierzu den Paragraphen: § 398 [1] "Aber wenn ich mir etwas vorstelle, oder auch wirklich Gegenstände sähe, so habe ich doch etwas, was mein Nachbar nicht hat." -[2] Ich verstehe dich. [3] Du willst um dich schaun und sagen: "Nur ich habe doch DIESES." -[4] Wozu diese Worte? Sie taugen zu nichts. -Ja, kann man nicht auch sagen "Es ist hier von einem .Sehen' -und auch von einem ,Haben' -und von einem Subjekt, also auch von dem Ich, nicht die Rede"? Könnte ich nicht fragen: Das wovon du redest und sagst, nur du habest es, -inwiefern hast du es denn? Du siehst es nicht einmal. Ja, müßtest du nicht sagen, niemand habe es? [5] Es ist ja auch klar: wenn du logisch ausschließt, daß ein Andrer etwas hat, so verliert es auch seinen Sinn, zu sagen, du hast es. Aber was ist dann das, wovon du redest? Ich sagte ja, ich wisse in meinem Innern, was du meinst. Aber das hieße: ich weiß, wie man diesen Gegenstand aufzufassen, zu sehen, wie man ihn sozusagen durch Blicke und Gesten zu bezeichnen meint. Ich weiß, in welcher Weise man in diesem Fall vor sich und um sich schaut, -und anderes. [6] Ich glaube, man kann sagen: Du redest (wenn Du z.B. im Zimmer sitzt) vom ,visuellen Zimmer'. Das was keinen Besitzer hat, ist das , visuelle Zimmer'. Ich kann es so wenig besitzen, als ich darin umhergehen, oder es anschaun, oder darauf zeigen kann. Es gehört insofern nicht mir an, als es niemand anderm angehören kann. [7] Oder: es gehört insofern nicht mir an, als ich darauf die gleiche Ausdrucksform anwenden will wie auf ...