In diesem Beitrag geht es um die berufliche Praxis von Kliniklehrpersonen an Kinder-und Jugendpsychiatrien: Welche handlungsleitenden Orientierungen dokumentieren sich im Umgang mit psychisch erkrankten Schüler:innen und welches berufliche Selbstverständnis zeichnet sich ab? Es wurden 24 offene leitfadengestützte Interviews durchgeführt, wovon 12 mit der Dokumentarischen Methode ausgewertet wurden. Als zentrales geteiltes Orientierungsproblem der Lehrpersonen ließ sich eine Spannung zwischen pädagogisch-fachlicher und pädagogisch-therapeutischer Funktion identifizieren, wobei hinsichtlich des Umgangs mit dieser Spannung drei Typen identifiziert werden konnten: eine primäre pädagogisch-fachliche Rahmung, wobei die psychischen Erkrankungen tendenziell ausgeklammert werden; eine primäre pädagogisch-therapeutische Rahmung, d. h. eine Fokussierung auf die Erkrankung und eine Rücksichtnahme darauf; eine primäre kompensatorische Fürsorglichkeit, wobei eine familienersetzende Beziehungsorientierung und eine Hilfsfunktion dominieren. Die Ergebnisse werden unter anderem vor dem Hintergrund praxeologischer professionstheoretischer Überlegungen diskutiert.
SchlagworteKlinikschule, Kliniklehrkraft, Professionalisierung, beruflicher Habitus, Dokumentarische Methode
EinleitungWenn Kinder und Jugendliche psychisch erkranken, dann ist in vielen Fällen auch ihre Bildungsbiografie gefährdet, da eine psychische Störung unter anderem häufig mit Konzentrationsschwächen im Unterricht, Klassenwiederholungen und Schulabsentismus sowie -abbruch einhergeht (vgl. Schulte-Körne 2016).