Zusammenfassung Die gleichzeitige Umsetzung von Inklusion und Bildungsstandards geht mit einem erziehungswissenschaftlichen Diskurs um deren Vereinbarkeit einher. Jedoch liegt kaum Evidenz dazu vor, ob und inwiefern Lehrkräfte mit diesen Reformen gegensätzliche Anforderungen verbinden. Die vorliegende experimentelle Studie untersucht, ob und inwiefern Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (N = 135) mit Inklusion und Standardorientierung eine jeweils andere Unterrichtsgestaltung und Leistungsbeurteilung verbinden, wobei zwei Perspektiven auf Unterricht (Selbstund Fremdeinschätzung) kontrastiert werden. Die Ergebnisse zeigten, dass sich aus Lehrersicht inklusiver Unterricht von standardorientiertem Unterricht hinsichtlich der Umsetzung zentraler Merkmale von Unterrichtsqualität und hinsichtlich der Bezugsnormen bei der Leistungsbeurteilung unterscheidet. Diese Unterschiede sind zum Teil auf Einstellungen zu und Erfahrungen mit beiden Reformen sowie Selbstwirksamkeitserwartungen zurückzuführen. Der Unterricht in beiden Kontexten wird deutlich unterschiedlicher beschrieben, wenn nicht das eigene, sondern das Unterrichtshandeln einer anderen (fiktiven) Lehrkraft charakterisiert wird.