Rezente Ergebnisse klinischer Studien geben Anlass dazu, die Rolle der prä-oder postoperativen topischen Antibiotikagabe nach intravitrealen Injektionen zur Endophthalmitisprophylaxe neu zu bewerten. Da eine solche Prophylaxe u. a. in der Fachinformation von Lucentis ® [1] empfohlen wird, bestehen Bedenken auch vor juristischen Konsequenzen, falls bei Auftreten einer Endophthalmitis keine topische Antibiotikagabe angewandt wurde. Intraoperative Antisepsis entscheidend ! Die Endophthalmitisrate nach intravitrealer Injektion beträgt in einer umfänglichen Metaanalyse 0,049 % (zwischen 0,019 und 1,4 %) [2]. In einer retrospektiven Analyse von 60 322 Anti-VEGF-Injektionen wurde bei 12 Patienten postoperativ eine Endophthalmitis beobachtet [3]. Es liegen mittlerweile Daten aus größeren Studien vor, in denen gezeigt wurde, dass durch eine topische Antibiose die Anzahl der Infektionen nicht verringert werden kann [4-8]. Cheung et al. fanden bei insgesamt 15 895 Injektionen keinen Vorteil weder durch eine einmalige noch durch eine mehrtätige Antibiotikaapplikation gegenüber keiner postoperativen topischen Antibiose [9]. Die Endophthalmitisrate war in den beiden Antibiotikagruppen sogar etwas höher. Aufgrund der insgesamt niedrigen Endophthalmitisinzidenz sind diese Studien aber nur begrenzt aussagekräftig [10-12]. Eine aktuelle Studie der DRCR.net-Studiengruppe zeigt eine ähnliche Infektionsrate bei 8027 Injektionen [4, 5, 13] und wies auf die alleinige Bedeutung der aseptischen Bedingungen während des Eingriffs mit antiseptischer Behandlung der Lidhaut, Abkleben der Lider und Wimpern und der Bindehautsackspülung mit 5%igem Polividon-Iod (PVP-Iod-Lösung) hin. Gerade das sehr geringe Risiko einer Post-IVOMEndophthalmitis erschwert die Durchführung von prospektiven Studien mit aussagekräftigen Fallzahlen. Eine entsprechende Untersuchung müsste zudem besondere Anforderungen an die lückenlose Nachverfolgung der Patienten (loss of follow-up, Infektion als primäres Zielkriterium) aufweisen. Trotzdem können die publizierten kontrollierten Studien interpretiert und berück-sichtigt werden. In der Arbeitsgruppe um Mino de Kaspar wurde gezeigt, dass durch eine sorgfältige Prophylaxe mit PVP die bakterielle Kontamination von Injektionskanülen nach intravitrealer Injektion deutlich gesenkt werden konnte [14,15]. Auch eine rezente Studie zeigte, dass bei dieser Konzentration eine signifikante Reduktion der Bakterien in der Bindehaut erreicht werden kann [16]. Die Art der topischen Anästhesie, d. h. ob diese mittels Gel oder Augentropfen durchgeführt wird, scheint dabei keine Rolle zu spielen [9,17,18]. Entscheidend für eine effektive Infektionsprophylaxe ist offensichtlich die sorgfältige aseptische Durchführung der Injektion nach vorausgegangener Antiseptik gemäß den dazu bereits publizierten Empfehlungen [2,[19][20][21][22]. Die intravitreale Behandlung von Patienten mit aktiver bakterieller Blepharitis oder Konjunktivitis sollte zurückgestellt werden und unmittelbar eine Behandlung der Lid-und Bindehautproblematik erfolgen, bevor di...