Gegenwissen" ist nicht nur ein nicht ganz leicht zu umgrenzendes historisches Thema, sondern provoziert heutzutage fast zwangsläufig Assoziationen zu Querdenkertum, Fake News-Aktivitäten, Anti-Intellektualismus und Wissenschaftsdefätismus. Die Grundlagen für solche Vergleiche sind jedoch dünn, wissen wir über das Gegenwissen in seiner historischen und gesellschaftlichen Vielfalt bislang doch nur wenig. Fest steht immerhin, dass alternatives und kritisches Wissen in der Vergangenheit die Wissenschaften, aber auch Medizin und Technik immer wieder herausforderten. Schaut man nur auf Deutschland im . Jahrhundert, so kommt schnell einiges zusammen: die weitläufigen Aktivitäten der Lebensreformbewegung rund um Ernährung, Gesundheit, Leib und Körper, die Medizinkritik der er Jahre, Verbraucherschutz der er, die Anti-Atom-Bewegung der späten er und ab den er Jahren, Sozialmedizin und Antipsychiatrie, Geschichtswerkstätten, Windmühlenbau in Landkommunen und private Projekte technisch gewiefter Solarentwickler. Und führt man sich allein die Kritik an den Gefahren der Atomenergie vor Augen, wird schon deutlich, dass alternatives und kritisches Wissen durchaus mit politischen und gesellschaftskritischen Positionen und Aktivitäten verbunden war. Die Wissenschaft selbst stand dabei nicht außen vor. Politischer Aktivismus von Wissenschaftler*innen ist ein historisch in letzter Zeit zunehmend thematisiertes Phänomen, wie die benachbarte Special Section zu diesem Heft aufzeigt (Germann et al. ). Die Grenzen zwischen Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen waren auch mit Blick auf alternatives und kritisches Wissen sehr durchlässig, wie diese Special Section zeigt.