Wie bereits dargestellt war der Unabhängige Staat Kroatien ein multiethnischer Staat. In Anbetracht eines nicht unbedeutenden autonomen politischen Spielraums gegenüber Deutschland hatte die Ustascha, wie auch andere Verbündete Deutschlands, den Krieg als Gelegenheit genutzt, eine Lösung der Minderheitenfrage innerhalb seiner nationalen Grenzen vorzunehmen und für die Zeit nach dem Krieg bereits vollendete Tatsachen zu schaffen. 1 Dies umfasste eine rassische Hierarchisierung der Bevölkerung, ihre Unterteilung in staatstragende und nicht staatstragende Gruppen sowie die Verfolgung von Juden, Serben und Roma. Die heterogene Komposition des Staates nahmen auch Deutschland und Italien wahr. Ihre eigene Ideologie, die die Welt rassisch hierarchisierte, begünstigt durch die interethnischen Spannungen im Königreich Jugoslawien vor dem Krieg, ließ sie die Bevölkerung durch die ethnisch gefärbte Brille wahrnehmen und entsprechend selektierten. Die Verfolgungen durch die Ustascha, die anhand der "rassischen" und "ethnischen" Trennlinien verliefen, wirkten sich verstärkend auf diese Tendenz aus. Im Umgang mit den unterschiedlichen Ethnien im NDH spiegelte sich zudem der jeweilige imperiale Zugang zum kroatischen Staat. So folgt die Unterteilung der Bevölkerung des NDH nach Ethnien in diesem, wie auch in anderen Kapiteln der Sichtweise der deutschen und italienischen Besatzer. Viele Beispiele zeigen jedoch, dass die ethnischen Gruppen mitnichten so starr waren, wie die Besatzer annahmen und dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oft zeitlichen, familiären oder regionalen Spezifika geschuldet war. Unter den Muslimen gab es beispielsweise sowohl diejenigen, die ihre Eigenstädigkeit in Abgrenzung zu Kroaten und Serben betonten als auch Anhänger des kroatischen bzw. serbischen Nationalismus, während die Ustascha-Ideologie versuchte, "die Muslime" in den kroatischen Nationalkörper zu integrieren. Die Ustascha war sogar gewillt, einen Teil der Serben als "prawoslave Kroaten" in die eigene Nation zu integrieren. 2